Freitag, 1. Dezember 2006
Naked Raven, eine australische Band in Lauerstellung, spielte
einen Minigig vorm SATURN.
So konnte ich also en passant einen musikalischen Geheimtipp
fast exklusiv erleben, als ich meine defekte Scandruckkaffeefaxmaschine
umtauschte:
Dienstag, 5. Dezember 2006
Heute erreichte mich eine grausame Mail: »Ich weiß,
dass es Dich sehr trifft, was ich zu sagen habe! Es wird auch
sehr weh tun! Bevor Du es von jemanden anderen hörst:
Den Nikolaus gibt es nicht!«
Waaas? Es gibt keinen Nikolaus?! Pah! Wer bringt mir denn
dann was heut Nacht? Ich hab extra die Schuhe geputzt und
vor die Tür gestellt. Und wer sind alle diese langbärtigen
rotbemäntelten Kerle die allüberall herumstehen,
laufen, liegen, hängen? Nein, nein, wen es nicht gibt,
das ist der Weihnachtsmann, auch Santa Claus genannt. Den
Bischof Nikolaus von Myra, den gibt es wohl.
Mittwoch,
6. Dezember 2006
Goiendag dames en heren! Hoe gaat het met u? Bent u …
–
Hoppala, falsches Sprachmodul aktiviert. Wenn uns der Herrgott
für unser schändliches Tun auf Erden dereinst nochens
mit babylonischer Sprachverwirrung strafen sollte: Ich bin
gewappnet!
Denn heute endete der Niederländisch-Kurs. Eigentlich
fand ich diese Sprache nie so schön. Seitdem ich sie
aber sprechen und verstehen kann, gefällt sie mir ganz
gut.
Und spätestens die »Nebenwirkungen« des
Kurses haben eventuell verbliebene Vorbehalte ausgeräumt
…
Niederländisch fällt mir aber auch recht leicht.
Die Ähnlichkeit mit Deutsch und Englisch ist deutlich.
Dann noch ein paar Grundkenntnisse in Eifler Platt und etwas
Sprachgefühl dazu und schon klappt es auch mit den Nachbarn.
Zum ersten Mal seit Jahren, dass ich nochmal als Lernender
im Unterricht war. Und gleich verschrien als Streber. Dabei
habe ich gar nicht so viel dafür getan. Noch nicht einmal
ein Vokabelheft geführt.
Aber genug gestrunzt.
Wenn man freiwillig lernt, hat man keinerlei Furcht, selbst
wenn die Kursleiterin zu einer Übung aufruft. Das hätte
es zu Schulzeiten mal geben sollen! In Latein fühlte
ich mich immer wie ein paralysiertes Eichhörnchen im
Scheinwerferlicht eines nahenden Achttonners. Im Ernst, es
gab Sätze, bei deren Übersetzung ich meine Beine
nicht mehr spüren konnte! (Nicht dass wir uns falsch
verstehen: Ich mag Latein. Nur die didaktische Darreichungsform
war suboptimal.)
Montag, 11. Dezember 2006
Wegen fortgesetzter Rückenschmerzen und Schlappheit
war ich bei der Ärztin. Und nun habe ich es schriftlich:
Erschöpfungszustand. Wenn mich demnächst wieder
wer nervt, entgegne ich ihm nur lapidar: »Stop: Mein
Arzt hat mir Stress verboten!«
Allerdings wurde bei dieser Gelegenheit auch was anderes
festgestellt: Ich hab ein Zipperlein. (So nannte man früher
in der Tat die Gicht.) Erhöhter Harnsäurespiegel.
Jesses, Pippi im Blut?! Ich hätte ja eher auf einen erhöhten
Leberwert getippt, dafür wüsste ich Ursachen. Aber
der ist voll in Ordnung.
Ich muss nun also entweder vielen Leckereien entsagen oder
arg nebenwirksame Pillen schlucken. Fleisch, Fisch und Geflügel
sollten gemieden werden, tragisch. Aber viele meiner Lieblingsgemüse
auch! (Gut, sooo viele sind das nicht …) Und das Bier-Verdikt
ist doppelt hart: Da außer Alkohol auch Hefe verboten
ist, fällt selbst Erdinger alkoholfrei aus. Und der Hammer:
Damit ich nicht ständig fresse, futtere ich ja tüchtig
Kaugis. Doch auch die zahnschonenden Wrigley's Extra haben
per Sorbit das inkriminierte Purin in sich!
Jemand, der mich so gar nicht kennt, sagte mir – wohl
zum Trost: »Es ist doch nur Essen.« Huarrr!
Der aufmerksamen Stammleserin ist vielleicht schon aufgefallen,
dass ich da gleich nebenan eine recht ansehnliche und hochfrequentierte
Rezepteseite betreibe.
Immerhin kann ich dadurch aus Nichts noch was Leckeres zaubern.
Was sehr interessant ist: Seit ich dem Befund kenne, habe
ich den Eindruck, meine Gelenke schmerzten wirklich! Ist das
der negative Placebo-Effekt?
Hoffentlich wird das nicht wirklich schlimmer. Schon früher
war meine größte Sorge, dass meinen Künstlerfingerchen
mal was zustoßen könnte. Wäre schon doof für
die Gemeinde, wenn ich dann mit gichtigen Krallen kein Tagebuch
mehr schreiben könnte. Und ungern nur würde ich
dann ein Podcast veröffentlichen.
Dienstag, 12. Dezember 2006
Weihnachtsessen mit den Kollegen von der VHS Jülich.
Der Nikolaus war auch dabei (oben rechts im Bild …).
Mittwoch, 13. Dezember 2006
Und ab geht die Luzie!
Um in Weihnachtsstimmung zu kommen, habe ich mit dem Stollenbacken
angefangen. Was soll man sagen: Es funktioniert!
Freitag, 15. Dezember 2006
Ich bin mit meinem Zahnarzt unzufrieden. Wozu mache ich
da groß Termine, wenn man mich dann eine Dreiviertelstunde
warten lässt? (Wo ich doch seit neuestem Privatpatient
bin. Hat sich was mit Spezialbehandlung. Kein roter Teppich,
kein Champagner, keine Häppchen – nichts!)
Er selbst war dann auch gar nicht zugegen, sondern nur seine
Frau, die – zum Glück auch Zahnarzt – aber
meinen Amalgamverhau irgendwie mit einer Goldgrube verwechselt
hat. Ganz ähnlich einem KFZ-Mechatroniker, der beim Blick
unter die Motorhaube die Stirn in Falten wirft und unverständliche,
nie zuvor vernommene Wörter brabbelt, diktierte sie ihrer
Stuhlassistenz kryptische Abbrevationen in den Block.
Acht (!) Baustellen will sie gefunden haben. Plomben, die
seit 25 Jahren still und treu ihren Dienst versehen, sollen
auf einmal raus in die kalte Welt. Steile Zähne sollen
mit teurer Keramik überkront werden. Weisheitszähne,
die keinem etwas tun, sollen dem heimischen Gebeiß entrissen
werden. Und hier was und da was. Himmel! Da ich der Praxis
einen etwas starken Hang zum Merkantilen unterstelle, hätte
ich gerne eine zweite Meinung. Und einen neuen Zahnarzt.
Samstag, 16. Dezember 2006
KnownBake A.:
Montag, 18. Dezember 2006
Ausgezeichnet:
Das US-Magazin »Time« hat alle Internetnutzer
zur »Person des Jahres 2006« gekürt.
Ich nehme die Auszeichnung dankend an.
(Auch wenn ich diese Gewese um das sogenannte »Web
2.0« nicht mehr hören kann: Das Internet lebte
schon immer von denen, die mitmachen.)
Donnerstag, 21. Dezember 2006
Weihnachten kann kommen. In der letzten Zeit habe ich jede
freie Minute in der Küche verbracht, mit KnownBake und
SoloBake. Geschenke, Glühwein und Tannengrün sind
auch schön, aber ohne Backen ist Weihnachten einfach
kein Weihnachten. Doch ich habe es mal wieder übertrieben.
Sehr zur Freude der Menschen, die ich damit bedenke: Elf Sorten
Plätzchen plus Stollen – eine stramme Ausbeute,
darunter auch ein paar neue Kreationen. Und wären es
bis Weihnachten noch ein paar Tage hin, ich hätte noch
etliche Ideen …
Doch damit nicht genug: Ich habe mal wieder eine Leserzuschrift
bekommen. Auch wenn's arrogant klingt: Lob für meine
Rezepte bin ich gewöhnt. Doch der Herr aus Bad Homburg
wollte sich handfest bedanken und fragte nach meiner Postanschrift,
weil er mir zum Dank eine Kollektion seiner Backwerke schicken
will.
Ein Beispiel, das Schule machen sollte!
Auch wenn ich durch das Backen in weihnachtliche Stimmung
geraten bin, bin ich froh, dass der Zinnober unten in der
Adalbertstraße nun bald vorbei ist. Drehorgler, Geiger
und Klarinettisten haben wohl verdient und es nun wohlverdient,
sich in nächster Zeit daheim die Fingerchen zu wärmen.
Sonst hacke ich sie ihnen nämlich ab! Oder sie schaffen
sich endlich mal neues Repertoire drauf. Wieso eigentlich
muss der halbe Ostbock ausgerechnet vor meiner Wohnung sein
Instrument lernen?!
Auch die Andenboys gehen bitte heim zu Frau und Kind und
Lama. Nicht, dass ich etwas gegen fremde Kulturen hätte:
Aber gegen Verstärker im Megawattbereich!
Freitag, 22. Dezember 2006
Weihnachtsvorfeier und Bescherung im kleinen Kreis, zwei
Turteltauben sowie Tom Sawyer und Caspar David Friedrich.
Letztere mussten zuschauen, wie Erstere klassisch Rouladen
mit Rotkohl und Klößen genossen. Anschließend
schauten noch der kleine Lord Fauntleroy und der Earl of Dorincourt
vorbei.
Sonntag, 24. Dezember 2006
Nein, diese Belgier! Richtig nette Arbeitgeber sind das.
Da könnten die Verkäuferinnen dieses Jahr ausnahmsweise
einmal in Ewigkeiten den Heiligabend geruhsam daheim begehen,
da machen die den Delhaize-Supermarkt am Sonntag auf.
Als Gipfel der Dreistigkeit schreiben sie auf einen Aushang:
»Die gute Nachricht: Wir haben an Heiligabend bis
14 Uhr für Sie geöffnet.« Also, früher
hat Frohe Botschaft einmal etwas anderes bedeutet …
Doch erst kommt das Fressen, dann die Moral: Denn wo sonst
könnte man solch herrliche Expeditionen ins Tierfleisch
unternehmen: Rind, Schwein, Hase, Pute, Huhn, Mufflon, Lamm,
Fasan, Rebhuhn, Krokodil, Springbock, Wildschwein, Känguruh,
Froschschenkel, Strauß, Pferd und Augenfische sonder
Zahl – Kroppzeug, dass man lebtags noch nie in freier
Wildbahn gesehen hat, all das wurde schon in der belgischen
Kühltheke gesichtet.
Allerdings muss man sich verarschen lassen. Zum Beispiel
mittels der Delhaize-Karte. Diese macht aus normalen Kunden
»Vorzugskunden«“:
Textaufgabe:
Ein Kunde erhält pro Einkauf von zwei Euro einen
Treuepunkt. Bei 250 Punkten erhält er einen Gutschein
von € 2,50. Wieviele »pfiffige Vorteile«
in Form von Rabatt in Prozent erhält der Kunde?
geg.: 2 Euro > 1 Punkt; 250 Punkte > 2,50 Euro
Lösung: ein halbes Prozent Rabatt.
Und dafür bedrucken die wertvolles Papier?!
Doch nun: Heiligabend!
Woher kommt eigentlich dieser dämliche Begriff der »buckligen
Verwandtschaft«?! – Ich mag meine Familie:
Montag, 25. Dezember 2006
Nachdem meine Mutter etliche Jahrzehnte für das leibliche
Wohl an Festtagen zuständig war, verköstigt uns
seit einiger Zeit mein Vater: Heute kredenzte er ein fünfgängiges
Menü, das er im Kochkurs
für Männer getestet hat. Hoch lebe die VHS!
Impression vom Weihnachtsspaziergang:
Hunde dürfen hier nicht kacken. Wie begrüßenswert
dieses Ansinnen auch ist, drollig finde ich die adressatenorientierte
Anbringung des süßen Verbotsschildes in Augenhöhe
der Zielgruppe.
Dienstag, 26. Dezember 2006
Wie jedes Jahr wiederholte die ARD an Weihnachten die drei
Sissi-Filme. Doch seit wohl 25, 30 Jahren erstmalig habe ich
sie mir alle im Schoß der Familie angesehen. Man fragt
sich sicher, ob der Kerl nun komplett durchgeknallt ist. Mitnichten.
Der Kerl hat persönliche Gründe.
Ich habe diese Filme zwar lange nicht gesehen, hätte
aber längst nochmal Anlass gehabt: Ich war einige Jahre
mit Sissis Ururgroßnichte zusammen – da kann man
sich ja mal ein bisschen mit der buckligen Verwandtschaft
auseinandersetzen.
Abgesehen davon sind diese Filme ja sogar witzig. Ich hatte
nur noch den schnulzigen Kitsch in Erinnerung, den wir Kinder
sonntags nachmittags Milch mit Haut trinkenderweise an Omas
Kaffeetafel ertragen mussten, bevor wir wieder in die Wildnis
des Kinderzimmers entfliehen durften.
Freitag, 29. Dezember 2006
Auch wenn es noch nicht Silvester ist: Einmal in der Saison
muss es Fondue geben! Natürlich mit Fleisch, ich pfeife
hier mal auf den Purinspiegel. Ein Jahr zu wechseln, ohne
totes Schwein in siedendes Öl zu zoppen, das geht ja
mal gar nicht!
Sonntag, 31. Dezember 2006
Prosit Altjahr!
Dass wir auf der Erde ein weiteres Mal um die Sonne gesaust
sind, durfte ich in der reizenden Gegenwart dreier Grazien
in meinem Salon feiern.
Wir hätten natürlich auch zum Remmidemmi im Besitos
gehen können. Dort wartete man mit original spanischer
Musik auf …:
Mangels Übung als Kaltmamsell hatte ich natürlich
viiiel zu vieeele Sachen zum Essen vorbereitet. Man erinnere
mich daran, dass ich nicht für ein Dutzend Leute koche,
wenn nur vier kommen. Nächstes Jahr gibt es vielleicht
wirklich mal Dinner for one. Ein Tiger zum Drüberstolpern
wäre schonmal da:
Im Verlauf des Abends versuchte man mich zu einem Kartenspiel
zu nötigen. Die Damen gehören also nicht zu meinen
Stammleserinnen …
Noch nicht.
Das C.S.I. hätte Schmauchspuren an meinen Händen
entdecken können: Ich habe mich erstmalig seit 20 Jahren
wieder aktiv an der Böllerei beteiligt. (Vor Jahren noch
habe ich sogar absichtlich weggeguckt beim inflationären
Feuerwerk.)
Doch wie begrüßenswert die Idee von »Brot
statt Böller« auch sein mag – es hat sich
herausgestellt, das angezündete Backwaren kaum knallen
…
Ein Gast hatte umfangreiches Sprengmaterial mitgebracht. Und
da ich ja lange Jahre Junge war – eine Spezies, die
bekanntermaßen gerne zündelt –, durfte ich
die Knallerei auf der Dachterrasse besorgen.
Es gibt da eine nette Anekdote zu diesem Thema: Einer Nachbarin
in der Heimat hat wohl mal eine Rakete das Gewächshaus
zerdeppert. Sie behauptete tags drauf steif und fest, ich
sei das gewesen. Sie hätte es genau gesehen. Tz! Erstens
war ich zu der Zeit 100 Kilometer weit weg und zweitens war
ich jahrelang feuerwerksabstinent.
Das erinnert an die Weisheit von Kurt Tucholsky: »Wenn
ein Deutscher auf dem Trottoir ausrutscht, steht er nicht
auf, sondern schaut sich um, wer ihm schadensersatzpflichtig
ist.« Ziemlich un-kuhl.
Da hätte ich also beinahe eine KNALLEREIKLAGE an den
Hals bekommen.
Hihi, in anderer Sortierung habe ich die ja ganz gerne an
meinem Hals …
»Zicke, zacke, Hühnerkacke.«
Dickie Hoppenstedt |