Sonntag, 2. Oktober 2005
Man trifft sich immer zweimal im Leben. Und einmal davon
im Egmont.
Spaßeshalber nannte ich dieses mal mein zweites Wohnzimmer,
weil ich dort so oft bin. Ist natürlich Quatsch: Es ist
mein erstes!
(Oder werde ich schlicht zum Inventar?)
Montag, 3. Oktober 2005
Australische Mediziner kritisieren den Umgang der Filmindustrie
mit Sex und fordern, dass James Bond in seinem nächsten
Film Kondome benutzen soll. D a s will ich
sehen: Der Agent mit der Lizenz zum Töten praktiziert
Safer Sex …
Donnerstag, 5. Oktober 2005
It’s
good to have an aim in life. In meinem Bestreben, die beste
Pizza von Welt zu backen, habe ich vor ein paar Nächten
Tempranillo-beseelt den »Pizza-Steinofen Alfredo«
aus dem RTL-Shop bestellt. (Natürlich per Internet –
ich ruf doch bei so Läden nicht an.)
Mein Testbericht: Yeah, Baby! Das Dingen wird biestig heiß
(bis über 451 Grad, allerdings Celsius – Ray Bradbury
hätte aber trotzdem seine Freude dran) und heizt dem
integrierten Schamottstein in kurzer Zeit ordentlich ein.
Es ist fortan nicht mehr nötig, einen halben Kubikmeter
Luft ewig im normalen Backofen zu erhitzen: Pizza wird in
vier Minuten super knusprig, fast wie beim Steinofenitaliener.
Nicht dass man mich falsch versteht: Ich werde nicht von
RTL gesponsert (sollte es aber), doch solcherlei Herrschaftswissen
teile ich gerne.
Aussehen tut der Kasten wie ein überdimensioniertes
Waffeleisen – und passt wahrscheinlich in keinen Schrank.
Aber bei meiner Pizzabackfrequenz hat er da auch nichts verloren
– das neue Waffeleisen hab ich ja auch ein Dutzend mal
ausprobiert, bevor es erstmalig weggepackt wurde.
Beim ersten improvisierten Test machte ich jedoch sehenden
Auges einen Fehler, entgegen dem ausdrücklichen Rat der
Anleitung. Der Boden war unten seeehr kross, für jeden
Köhler ein Festessen. (Doch wer liest schon Handbücher?)
Freitag, 6. Oktober 2005
Heute widerfuhr mir das exquisite Plaisir, an einer intimen
Lesung der in Berlin weltbekannten Reformbühne
Heim und Welt teilzunehmen, deren drei wichtigste Vertreter
gen Aachen geschickt wurden, um die Provinz zu missionieren
– nicht wissend, dass man hier bereits trefflich mit
dem Worte umzugehen weiß.
Nichtsdestotrotz war es ein lohnenswerter Abend mit Amüsement
und allerlei verbaler und musikalischer Lustbarkeiten. Wenn
der Veranstalter jedoch mehr in die Werbung investiert hätte
als einen Kreideanschrieb auf einem Kundenstopper vor dem
Che-Haus, hätten mehr zahlende Gäste etwas davon
gehabt …
Ich habe spaßeshalber mal in der Mayerschen geguckt,
ob die Bücher der jungen Literaten dort schon zu erstehen
seien. Waren sie nicht. Es gibt sie aber bei Amazon.de:
Daniela Böhle:
»Amokanrufbeantworter«
|
Uli Hannemann:
» Hähnchen leider«
|
Dienstag, 11. Oktober 2005
Mein größtes »Problem« des letzten
Monats ist gelöst, innerhalb einer Stunde war der Lottogewinn
auf den Kopf gehauen:
Eine liebe Bekannte erläuterte letztens ihre Hypothese,
dass der Erwerb einer digitalen Spiegelreflexkamera die Lebensqualität
ungemein steigere – das kann ich nur bestätigen.
(So, liebe Herren Canon, Nikon, Minolta, Pentax und wie ihr
alle heißt: Nach dieser kostenlosen Reklame erwarte
ich nun aber eine fette Apanage!)
Habe mir also in der Mittagspause auffahren lassen, was Photo
Preim Gutes zu bieten hatte. Die Canon EOS 350D war das
Objekt der Begierde. Und als Set mit dem Objektiv der Begierde
zu haben. Während des Verkaufsgesprächs im unterstützungswerten
lokalen Einzelhandel – der nette Herr legte sich wirklich
ins Zeug – drehten drei weitere Kunden unverrichteter
Dinge ab, weil's ihnen wohl zu lange gedauert hat. Na, er
in mir ja fette Beute, denn ich war ich Geldausgebelaune.
Und die anderen Herrschaften sahen aus, als wollten sie sich
eh nur unverbindlich über dem Erwerb eines Objektivdeckelchens
an und für sich informieren.
Und weil ich gerade gut in Fahrt war, bin ich anschließend
noch bei Datec
reingeschneit und habe mir ein schickes Notebook schmackhaft
machen lassen.
Und der Canon-Gesamtkatalog hat eine Wirkung wie reine Pornographie
– da werden vielleicht Begehrlichkeiten geweckt, jesses!
Ich brauche dringend einen Finanzminister!
Mittwoch, 12. Oktober 2005
Dem
Licht und der Farbigkeit nach ist der heurige Oktober ja der
Knaller. Um die neue CANONe mal ein bisschen auszufahren,
führten mich meine zahlreichen Expeditionen auf den Aachener
Ostfriedhof.
Ich erwartete monumentale Gruften in dieser weitläufigen
Nekropole – es hatte aber bei weitem zuviele Christusse
und Kruzifixe im Areal. Ich gottloser Gesell präferiere
fette Putten und gefallene Engel, stolze Cherubim und Seraphim
mit imposanter Spannweite.
Da ich mich ja im letzten Monat bei den nicht ganz so Wohlhabenden
noch nicht unbeliebt genug gemacht habe, hier nochwas:
Es herrschte geschäftiges Treiben. An rustikalem Habit
und Fluppe im Mundwinkel ließ sich erkennen, dass es
sich wohl kaum um ausgebildetes Fachpersonal handelte, dem
die Würde des Ortes klar wäre, sondern mutmaßlich
um Hartz-IV-Empfänger, die gehölzsägender-
und laubsaugenderweise lautstark auf dem dadurch recht unfriedlichen
Hof vor sich hin eineurojobbten.
Donnerstag, 13. Oktober 2005
Hab ich schon geschildert, wie geiiil mein Klappcomputer
ist? Außer Kaffeekochen kann er fast alles. Und das
lernt er auch noch. Ich nenne ihn liebevoll Troll 4, weil
er mein vierter Computer ist. (Strenggenommen mein fünfter,
aber der C64 von vor 20 Jahren zählt nicht.) Entgegen
dem Mooreschen Gesetz schreitet bei mir der technische Fortschritt
in Drei-Jahres-Schritten voran.
Einziger Nachteil: Es ist immer soviel Arbeit, einen neuen
Computer so einzurichten, dass er ergonomisch konveniert,
da ja jedes Pippiprogramm denkt, ihm stünde nach seiner
Installation unbedingt ein prominenter Platz auf dem Desktop,
in der Startleiste und in den »Eigenen Dateien«
zu.
Nun lädt er fröhlich seine Akkus mit freilaufenden
Elektronen aus artgerechter Haltung. Mal sehen, wann ich mich
zum ersten Mal traue, mit geballter High-Tech in unser aller
Wohnzimmer aufzukreuzen. Anthrazitfarbenes Alu steht doch
in gewissem Gegensatz zu Marmor, Holz und Leder. Dabei ist
mein neues Schätzchen gar nicht so protzig, grad im Gegenteil.
Es gibt ja bei Notebooks im Moment den Trend zur Schrankwand,
so mit 19-Zoll-Bildschirmdiagonalen und größer.
Dagegen nimmt sich mein erlesenes Gerät richtig bescheiden
aus: Süße 12 Zoll, richtig überschaubar. Das
lässt auf dem Bistrotisch noch Platz für ein Hefe
und ein paar Nüsschen.
Ich könnte das Notbuch also auch Blackberry nennen. Beim
Kauf war der Richtwert die Breite meiner Finger. Ich hätte
auch ein 9"-Teil genommen, aber ich wollte auch noch
ein wenig darauf tippen können. (Auch wenn bei neun Zoll
noch mehr Nüsschen auf den Bistrotisch passten.) Jetzt
fehlt mir zum vollkommenen Glück nur noch ein W-LAN-Hotspot
…
Mit meinem einen lieben Freund teile ich eine Angewohnheit:
Wenn er neue Gerätschaften frisch auf dem Tisch hat,
kann er vor feuchten Augen fast nichts sehen … Nun kann
sich sicher jeder bildhaft vorstellen, wie's um mich steht
angesichts dieses technologischen Overkills. Langsam wird's
wohnlich.
Hier lernen sich die neuen Familienmitglieder übrigens
gerade kennen:
In der Wikipedia steht etwas über Aachens
wichtigste wichtigste Straßen und Plätze:
Von der Adalbertstraße über Münsterplatz
und Markt in die Pontstraße – hey, das ist exakt
mein Weg.
Nach Hause gehe ich wohl meist über den Büchel,
das Schicksal herausfordern:
Auf dass mich der Bahkauv hole!
Freitag, 14. Oktober 2005
Intellektuelles Schlammcatchen (Poetry-Slam) in der »Raststätte«:
Ich dachte ernsthaft, die beiden Duellanten läsen gleichzeitig
vor … ist natürlich Quatsch. Es waren ein paar
gute Texte dabei – und eine Reihe doofer. Sehr genervt
hat die Lautstärke. Ich höre zwar mitunter schlecht,
möchte aber dennoch beim Vortrage nicht angeschrien werden.
Entweder der Text trägt auch in normaler Diktion, oder
gehört gleich in die Tonne.
Poetry-Slam ist jedenfalls nicht meine Welt. Ich habe zwar
schon eine Profilneurose von eukalytischem Ausmaß, aber
mich vor eine johlenden Horde zum Kasper zu machen –
neeeee!
Ergänzung zur photoinduzierten-Glückseligkeits-Hypothese:
Eine spiegelnde Digitalperplexkameradin hebt zwar die Stimmung
– allerdings macht sie diejenigen traurig, die damit
knipsen dürfen, aber selbst (noch) keine eigene haben …
Sonntag, 16. Oktober
Dieses
Wochenende war mal wieder gelungen – Familie ist einfach
toll. Außerdem liefert die Eifel schöne Motive.
Leider war das Wochenende auch sehr teuer, beziehungsweise
wird es noch werden: Habe ein Splitsteinchen in die Windschutzscheibe
von Erich Sixts Auto bekommen. Carglas wird das nicht retten
können, weil es natürlich eine beheizbare Windschutzscheibe
sein muss. Ich wusste bis heute gar nicht, dass es so was
überhaupt gibt. Also Kösterchen! Denn die »Versicherung«
hat 750 Euro Selbstbeteiligung …
Scheiße! (Ein Euro in die Kita-Schimpfwortkasse!)
Dienstag, 18. Oktober 2005
Dieser Handy-Spam nimmt überhand. Normalerweise bekomme
ich nur selten SMS, und wenn dann von lieben Menschen, die
nach meiner sofortigen Adsenz verlangen. Demzufolge schnellt
mein Puls freudig erregt in die Höhe, wenn mein beschwingter
Klingelton ertönt. Neuerdings bekomme ich aber ständig
eindeutig zweideutige Angebote von vermeinlichen Geschlechtspartnerinnen
»in deiner Umgebung«. Ich blicke zunächst
immer entgeistert um mich! Ist da wer? Und denke dann: Kotzkotzkotz.
Sonntag, 23. Oktober 2005
Wie nicht anders zu erwarten war ich gestern Abend wieder
unterwegs, diesmal allerdings ohne Alkohol. Denn ich hab's
mal grob überschlagen: Nach meinem vorgestrigen Konsum
– sechs Hefeweizen (so genau weiß das niemand)
plus drei belgische Biere – kann ich erst abends wieder
nüchtern gewesen sein. Mit meinem Restalkoholspiegel
hätte man wohl noch eine russische Dorfhochzeit bestreiten
können. Holla die Waldfee, meine Feinmotorik muss noch
irgendwo am Boden dieser beliebten Taverne am Fuße der
P-Straße kleben.
Ich hab den Tag erstaunlich gut verlebt. Gut, mir war was
blümerant zumute – wenn ich's nicht besser wüsste,
könnte man fast meinen, ich hätte gesoffen.
Aber kein dicker Kopf, kein nichts. Schlecht ging es mir
am frühen Abend nur, nachdem ich einen Espresso getrunken
hatte – es ist schon komisch.
Was noch schlimmer ist, als die schieren Mengen an Bier,
ist mein pubertäres Geprahle damit …
Montag, 24. Oktober 2005
Tippe gerade mit meiner mobilen Schreibmaschine an der Theke.
Wie die gerade neben mir eingetrudelten, öfter schon
bei gleicher Gelegenheit angetroffenen jugendlichen Tequila-mit-Kaffeepulver-und
Zucker-auf der Zitronenscheibe-Trinker (brrr! – aber
immerhin besser als Tequila pur) mir zeigen, teile ich mein
Wohnzimmer mit einer Menge von Leuten.
Ich erfahre gerade absonderliche Bestellungen: Eine Mutter
und ihre Tochter teilen sich eine heiße Schokolade,
aber die eine will sie mit Sahne, die andere ohne …
Also improvisiert die Thekencrew souverän und sprüht
die Sahne zum Selbstlöffeln auf ein separates Tellerchen
– und schon wieder gibt’s ein Anekdötchen
zu erzählen. (Schade, dass ich das aus Datenschutzgründen
nicht öffentlich im diario verwenden kann.)
Uuuuupsi!
Mittwoch/Donnerstag, 26./27. Oktober 2005
Happy Birthday, Dieter aus Venezuela!
Alle Photos kann ich hier leider nicht veröffentlichen,
wie es eigentlich Dokumentaristenpflicht wäre. Denn das
führte zu unnötig hohem Freundschaftsverlust. Es
erinnert an Schulzeiten selig: Da gab es ein paar Mädels,
die ich gerne abgeschossen hätte, also mit der Kamera
(zunächst …), die sich aber im wahrsten Sinne mit
Händen und Füßen dagegen gewehrt haben. Aber
wehe, die Abzüge waren da (selbstentwickelt natürlich),
wollte sie natürlich jede gleich sehen – und alle
umringten den Stoß Bilder wie die Schweine den Trog.
(Hach, ich entsinne mich einer geschwänzten Latein-Doppelstunde,
die ich höchst romantisch beim Tête-à-tête
in der schuleigenen Dunkelkammer verbringen durfte, schwelg.
Jahaha, Frau Philippi, j e t z t
kommt's raus! Aber das große Latinum kann mir keiner
nehmen.)
Freitag,
28. Oktober 2005
Wie schnell doch so ein Jahr vergeht. Happy Birthday!
Nicht viele können ihren ersten Geburtstag Ende Oktober
bei 24 Grad im Tierpark feiern.
Aber vielleicht wird das ja ein Trend für kommende Jahre
…
Sonntag, 30 Oktober 2005
Unter den Milljuhnen Passanten, die sich beim verkaufsoffenen
Sonntag mit Flohmarkt durch die sonnendurchfluteten Gassen
quetschten, waren die einzigen bekannten Gesichter der Drehorgler
und die Tagesschicht im Café E.
Mit ohne Kinderwagen ist man auf jeden Fall angenehmer unterwegs.
Mal abgesehen von dem Stress, dem der Buggylenker ausgesetzt
ist, stelle ich es mir für den dreikäsehohen Passagier
höllisch vor, umringt von einem Pulk potentiell todesgenervter
Riesen diesen auf den Schritt oder dessen Rückseite gucken
zu müssen.
Die Organisatoren hätten übrigens daran denken
sollen, auch einen autofreien Sonntag zu proklamieren –
denn so meint mal wieder jeder Säftel, er müsse
seine Karre unbedingt direkt im Büchel-Parkhaus parken.
(Strenggenommen parkten sie bereits auf dem Weg dorthin –
der Verkehr floss wie ein Gletscher in der Antarktis.)
Um nochmal zum ersten Eintrag des Monats zurückzukehren:
»If you want my address,
it's number one at the end of the bar«
(Marillion)
Würde mich interessieren, ob Post mit dieser Anschrift
auch ankäme …
Ej öron, ej öron, ej svansar
hava de
TL (= Tote Leber)
Post Scriptum:
Diesmal ganz ohne Politik. Gut, gell? Ich schicke aber trotzdem
Blumen auf das Grab der SPD. |