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– Juli 2010 –

Donnerstag, 1. Juli 2010

Auweia, es herrschen immer noch 28 Grad um 23 Uhr drinnen – der Sommer scheint jetzt doch noch ernst zu machen. Bin gespannt, ob und wie ich schlafen werde. Um mir die somnambule Zeit ein wenig zu vertreiben, fuhrwerkte ich nochmal bei Facebook herum. Bislang war ich dort, wie erwähnt, eher eine Karteileiche: Ich hatte ein bildloses Profil und ein paar Kontakte, das war’s. Nachdem sich herausstellt, das StudiVZ immer mehr zu einer Versammlung von Karteileichen wird, beschloss ich, mich in der dritten Community breitzumachen. Auch wenn die Navigation nach wie vor der letzte Dreck ist! Ich kann immer noch nicht auf Anhieb das finden, was ich suche!

 

 

Samstag, 3. Juli 2010

Auch wenn zuvor alles voller weißer Wolken auf hellblauem Grund war: Ab 16 Uhr wurde selbst der Himmel schwarzrotgold – und Argentinien erlebte ein Donnerwetter. Die klassische Frage wird einst lauten: Wo waren Sie, als Deutschland 4:0 gegen Argentinien gewann? Ob auf dem Aachener Markt oder hinter der Büschkapelle – man konnte den Jubel überall hören, als das deutsche Team schon während des Spiels »Pizza Maradona« serviert bekam. (Die hat nichts drauf …) Messi, der torlose Weltfußballer des letzten Jahres, kann nun nach Hause fahren. (Was er dort in der Pampa macht? – Aufräumen …)

 

Unser neuer Bundespräsident war auch im Stadion zugegen. Krass: Dieser Wulff wirkt sofort!

 

Oder war es das Verdienst des Kraken Paul im Dortmunder Sea-Life-Aquarium? Schon bei sämtlichen Vorhersagen der vorangegangenen Spiele lag das Tentakelorakel richtig.

 

Mal wieder gelang es mir, exquisite Schnappschüsse von bis dahin Wildfremden zu schießen. Einigen händigte ich zwecks Bildübermittlung auf Anfrage meine Visitenkarte aus – bin gespannt, ob sich diesmal wer meldet. Die allermeisten waren begeistert, dass ich mit Kamera unterwegs war. Obwohl ich in der Regel selbst aussuche, was ich photographiere, war ich nicht pingelig und hielt eben drauf, wenn ein paar Leute mit Fingerfarbe im Gesicht mir entgegensprangen und vor meiner Optik posten. (Dieses Verbum wird sich nie, nie, niemals zur Flexion eignen!) Wahrscheinlich nahmen sie an, ich knipse für eine Zeitung und sie würden demnächst weltberühmt. Sorry.

 

Deutschland 4:0 gegen Argentinien

 

 

(Aber hey, Partypeople: Recycling ist ja eine prima Sache, wenn es um Altglas oder Weißblech geht. Wie man aber bei so uralten Schoten wie »Humba Täterä« so dermaßen abgehen kann, entzieht sich jedem Verständnis. Das Ding war doch schon beim ersten Karneval Eurer Großeltern ein Oldie!

 

 

Sonntag, 4. Juli 2010

Tagsüber haben wir einen kleinen Ausflug nach Monschau gemacht. Nicht weit weg, nett zum Flanieren – und es gibt leckere Senfschnitzel dort. (Wir saßen im gleichen Restaurant am gleichen Tisch und aßen das gleiche Gericht wie letztes Jahr.) Das Unwetter, das gestern Aachen nur leicht streifte, muss die Nordeifel volle Kanne erwischt haben. Parallel zum Fußballspiel stand die Monschauer Altstadt unter Wasser. (Zum Glück für die Bewohner war der Fernsehempfang während des Spiels nicht beeinträchtigt. Und so ein vollgelaufener Keller läuft ja nicht davon.)

 

Die südliche Einfahrt unten war gesperrt. Wir dachten schon, das Parkhaus sei wegen Überfüllung geschlossen. Später – wir parkten oben bei der Senfmühle – erfuhren wir, dass der Wolkenbruch, der Aachen verschont hatte, ein Haus am Hang in Bewegung Richtung Straße gesetzt hat.

 

Umleitung in alle Richtungen

 

 

Dienstag, 6. Juli 2010

Kann es sein, dass die großen Gesundheitsreformen jetzt im Legislaturperiodentakt kommen? Der zunächst mit reichlich Vorschusslorbeeren bedachte Philipp Rösler präsentierte auf einer Pressekonferenz die neueste »Reform«. (Man dachte anfangs, wer könnte wohl mit den Schlitzohren der Lobbygruppen besser umgehen als ein Schlitza…?)

 

Der Gesundheitsminister wirkte bei der Verlesung der Details – Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags auf 15,5 Prozent nebst diverser Zuzahlungen – wie ein Unterstufenschüler, der ein Referat vortragen soll, bei dem er nicht alles selbst geschrieben hat, und mit fahrigen Blicken in alle möglichen Ecken schielt, in denen er dienstbare Geister vermutet, die hoffentlich die richtigen Worte einflüstern. Es flüsterte aber keiner: Auf Ansätze zur Minderung der Verwaltungskosten, einen umfassenden Systemwechsel oder eine Positivliste von wirklich wirksamen Medikamenten wartete man vergeblich.

 

Das wird aber niemandem groß auffallen. Immerhin ist gerade WM. Man kann nur hoffen, dass wir nicht auch noch Weltmeister werden: Sonst erhöhen die den Beitrag hastdunichtgesehen auf 25 Prozent!

 

 

Mittwoch, 7. Juli 2010

Halbfinale gegen Spanien. Ich war ganz schön nervös vor dem Anstoß. Dabei musste ich gar nicht mit auf den Platz. Aber Paul, der omnisciente Oktopode mit mittlerweile weltweiter Bekanntheit, hatte zuvor für Spanien optiert! Olé! Den Spaniern war anfangs aber ebenfalls mulmig zumute; beim Singen ihrer Nationalhymne jedenfalls waren sie ganz sprachlos …

 

Halbfinale gegen Spanien

 

Wie der Abend ausging, ist bekannt: In Spanien ist Paella fortan nur noch ohne Tintenfisch zu haben – und in Oberhausen gibt es morgen Calamares fritas. Paul, wir wissen, wo dein Becken steht!

 

Aber was soll's: Ist doch nur ein Spiel.

 

Hauptsache nicht Italien.

 

 

Samstag, 10. Juli 2010

Das Beste, was man bei annähernd 40 Grad im Schatten tun kann, ist erstens: diesen nicht zu verlassen, und zweitens: ein Wasserschlacht-Flashmob vorm Elisenbrunnen zur zunächst Überraschung und dann Belustigung der Passanten. Ein bisschen Leben herrscht nämlich doch noch im StudiVZ und so erfuhr ich von dem Happening. In spritzwasserschützter Entfernung auf einer Bank unter einer Platane sitzend tat ich mit langer Brennweite meine Pflicht:

 

Wasserschlacht-Flashmob vorm Elisenbrunnen

 

 

Sonntag, 11. Juli 2010

In all den Jahren in Aachen bin ich nie beim CHIO gewesen. (Oder »Concours Hippique International Officiel«, wie er mit vollem Namen heißt, aber kein Mensch hat soviel Zeit.) Beim heutigen Soerser Sonntag flanierten wir ein wenig durch die Anlagen, inspizierten das monumentale Stadion, das in den nächsten Tage des Öfteren im Fernsehen zu sehen sein wird, und begutachteten das Angebot in den Budengassen.

 

Von den sympathischen Einhufern an sich waren jedoch eher wenige zu sehen, dafür eine Menge an hippopraktischem Zubehör. Mein Bedarf an Neuigkeiten aus der Welt der Longen, Schabracken, Striegeln und Kardätschen war aber rasch gestillt. Ein passender Imbiss tat Not. Ich alter Geck musste es mir schwer verkneifen, am Stand der Fleischerinnung nach Rheinischem Sauerbraten zu fragen …

 

CHIO Aachen

 

 

Abends dann Endspiel. Ein übles Geholze. Ich glaube, Spanien hat gewonnen. (Was macht ein Holländer, wenn er die WM gewonnen hat? – Er macht die Playstation aus und legt sich ins Bett.) Das letzte Rudelgucken verdiente diese Bezeichnung nicht: In Soccer-City in Johannesburg waren fast mehr Leute auf dem Fußballfeld als auf dem Öcher Markt.

 

Das letzte Rudelgucken

 

 

Montag, 12. Juli 2010

So, liebe Autofahrer, die WM ist Geschichte. Nun könnt die bunten Fähnchen von Euren Fahrzeugen wieder entfernen und das Führen einer Standarte am Kotflügel für die nächsten zwei bis vier Jahre getrost dem Ersten Mann im Staate überlassen. (Ich nerve dann auch nicht mehr wie in den letzten fünf Wochen meine Umgebung mit dem Kommentar, wenn wieder einer von Euch vorbeigerauscht ist: »Oh, der Präsident!«)

 

Aber vor allen Dingen: Entfernt diese albernen schwarzrotgoldenen Söckchen von Euren Außenspiegeln!

 

 

Um Pferde zu sehen, muss man gar nicht zum CHIO-Gelände: Heute kamen sie in großer Zahl zum Markt, um das Partnerland des diesjährigen CHIO vorzustellen, NRW. Immerhin hat es ein Pferd im Wappen. Ich war sehr gespannt, wie dieses NRW wohl so sein mag …

 

Hauptsächlich scheint es aus Kaltblütern zu bestehen. Gewaltige Tiere! Die pressedienstlich bestallten Photographen, die vor die Absperrung durften, legten sich ins Zeug, als hätten sie noch nicht oft zuvor ein Pferd gesehen.

 

Und immer wieder faszinierend: die Faszination von kleinen Mädchen für große Pferde.

 

die Faszination von kleinen Mädchen für große Pferde

 

 

Dienstag, 13. Juli 2010

Die Deutsche Bahn hat mit den Naturgewalten zu kämpfen. Nachdem dieser Tage schon ausgefallene Klimaanlagen dafür sorgten, dass die Passagiere in ausgewählten ICEs medium rare ans Ziel gelangten (erinnert sich noch wer an die Kampagne »Rosarote Wochen bei der Bahn«?), gab es nun weitere Zugausfälle zu beklagen. Hitzechaos im Sommer, Laub auf den Schienen im Herbst, Frostschäden im Winter – ein Glück, dass Lokomotiven keinen Heuschnupfen im Frühling bekommen können!

 

(Man hätte ahnen können, dass es irgendwann einmal Probleme geben wird. Denn wie sangen sie einst im Langnese-Werbespot? »Like ICE in the sunshine« …)

 

 

Aaapropos Klimaanlage: Sogenannte Experten in Radio und TV raten denjenigen Glücklichen, die soetwas besitzen, derzeit stündlich dazu, ihre Klimaanlage auf maximal sechs Grad kühler als die Außentemperatur einzustellen. Wegen der Gesundheit; sonst bekäme man gerne mal Kreislauf und so. Okay, mal eben den TI-30 zücken und rechnen: 36 Grad minus 6 Grad ist gleich 30 Grad – Leute, das nennt man dann nicht Klimaanlage, sondern Heizung!

 

 

Mittwoch, 14. Juli 2010

There's a stormfront coming.

 

There's a stormfront coming. Nach Tagen gottserbärmlicher Hitze nun wieder ein saftiger Wolkenbruch. Ich hoffe, dass niemand zu Schaden kommt, alle Bäume stehenbleiben und die Keller nicht volllaufen. Denn dem Mikroklima hier unterm Dachjuchee, mit erfrischenden 30 Grad auch nachts, steht ein bisschen Abkühlung ganz gut.

 

Dass sich das Wetter in letzter Zeit so extremistisch geriert, lässt nur einen Schluss zu: Es will Kachelmann freipressen!

 

FREE KACHELMANN!

 

 

Donnerstag, 15. Juli 201

Junge, Junge, Frühaufsteher bekommen heute hier was geboten:

 

Sonnenaufgang

 

 

Um eine Ahnung davon zu bekommen, wie wohl das Wetter in den nächsten Tagen am Urlaubsort sein mag, befragte ich das Internetorakel – Ausweis nicht vergessen …:

 

Bayern > Zurück nach Deutschland

 

 

Freitag, 16. Juli 2010

Den Start in den Urlaub handhabten wir auf bewährte Weise: Über mehrere Etappen und einen kleinen Umweg in die Eifel.

 

Wer je über belgische Autobahnen gefahren ist, weiß, warum dort eine Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern gilt. Und wem Achsen, Reifen und Plomben lieb sind, der fährt freiwillig 90!

 

Von Spa in den belgischen Ostkantonen war ich enttäuscht: Früher konnte man ein Stück über die berühmte Kurve Eau Rouge der Rennstrecke in Spa-Francorchamps fahren, die außerhalb von Rennveranstaltungen eine öffentliche Straße war. Heute nicht mehr.

 

Obwohl so nah, war ich noch nie in Malmedy. Jetzt, wo ich da war, muss ich auch nicht mehr hin. Die Sprache, das Flair und der Straßenbelag waren zwar hübsch französisch angehaucht, aber richtig viel zu sehen gab es nicht. Okay, vielleicht die Kathedrale von 1784. Und eine Menge parkender Autos.

 

Malmedy

 

 

Noch weniger überzeugte allerdings Sankt Vith, sieht man mal von der Pfarrkirche ab. (Der namengebende St. Vith ist übrigens der Schutzpatron der Jogger, Walker und Spinner, wie der Name schon sagt  …)

 

St. Fit, Schutzpatron der Jogger, Walker und Spinner

 

 

Die Fritten, die wir uns in deren Heimatland gönnten, gehörten allerdings zum Übelsten, was die segensreiche Frittierkunst je hervorgebracht hat: zu dünn, zu dunkel, zu weich und ohne Salz. Was soll aus diesem Land nur werden? Erst sind sich Flamen und Wallonen nicht grün, und nun bekommen die Belgier auch keine anständigen Fritten mehr zuwege!

 

 

Also ab in die Schneifel. Keine Angst, am Schwarzen Mann lag kein Schnee. Dabei ist doch gerade erst Mitte Juli! Da werden wir wohl ausgerechnet die einzige schneefreie Woche erwischt haben.

 

Am Schwarzen Mann kein Schnee

 

 

Als wir Kronenburg passierten, schlug meine Gefährtin vor, die Burgruine im historischen Ortskern zu besichtigen. Kronenburg besitzt eine Burgruine?! (Gewiss, der Name legt solch einen Gedanken nahe …) Außerdem aber auch noch einen Ortskern – und zwar einen recht schmucken – sowie eine Historie? Ich bin immer davon ausgegangen, dass sich der Ort in den paar Häuschen rund um den Kronenburger See erstreckt. Welch Irrtum!

 

Kronenburg

 

 

Samstag, 17. Juli 2010

Wie es inzwischen schöner sommerlicher Brauch ist, erkundeten wir wieder einmal zu viert die nähere Umgebung der Heimat von zumindest zwei der Beteiligten.

 

Man glaubt es nicht, doch die Bertrada-Burg in Mürlenbach musste bisher auf meine nähere Bekanntschaft verzichten. Obwohl doch da Karl der Große geboren wurde. Oder auch nicht. Geschichtsträchtig ist sie jedenfalls, und ganze Romane spielen da.

 

Weiter ging's westwärts durch den Wald zum Weiler Weißenseifen. Von einer näheren Betrachtung der in dieser Künstlersiedlung ausgestellten Skulpturen hielten uns leider freilaufende Hunde ab. Dafür beschäftigten wir uns näher mit dem mysteriösen runden Tempelchen, das man schon von der L 16 aus sehen kann. (Gewiss, Gussbeton, Plastikgießkanne und Kunstschiefer schmälerten den Eindruck von Altertum und Mystik ein wenig.) Offizielle Straßennamen gibt es in Weißenseifen nicht, allerdings inoffizielle wie zum Beispiel »Am Pi«. Die Hausnummer 3,14159… hätte ich gern einmal gesehen.

 

Nach dem Aufstieg zur dortigen Burgruine überzeugten wir uns davon, dass Schönecken tatsächlich schöne Ecken besitzt.

 

Noch bevor ich das Kalauer-Sparschweinchen weiter mästen konnte, gelangten wir nach Prüm und schauten uns die wichtigsten Bauwerke genauer an: die imposante Sankt-Salvator-Basilika, die barocke Abtei, die das heutige Regino-Gymnasium beheimatet, und MäcHämpi gleich gegenüber.

 

Kaffee gab es in dem jüngst translozierten Fachwerkhäuschen auf der Sarresdorfer Straße in Gerolstein, das seit seiner Versetzung als uriges Café dient. Und den Abschluss fand der Tag – na klar! – im »Poseidon« nebenan.

 

Bertradaburg/Mürlenbach - Weißenseifen - Schönecken - Salvator-Basilika/Prüm - Café Gerolstein - Poseidon

 

 

Sonntag, 18. Juli 2010

Weiter ging's zu zweit gen Süden: Im Pfälzer Wald bei Hinterweidenthal gibt es einen Buntsandsteinfelsen namens Teufelstisch, den ich in der Kindheit zuletzt besichtigt hatte. (Steinformationen in Pilzform kommen häufiger vor, sind aber meistens kleiner und werden landläufig gerne Teufelstisch genannt – hier ist die volkstümliche Phantasie nicht sehr ausgeprägt.)

 

Teufelstisch Hinterweidenthal

 

Als Imbiss gab es ortstypischen Saumagen. Darunter hatte ich mir etwas Würzigeres vorgestellt als eine dicke, zu dunkel gebratene Scheibe Wurst mit etwas Kartoffel darin. Wo war bloß das feine Aroma von Muskat, Majoran, Koriander, Nelken, Thymian und Kardamom? Alles muss man selber machen!

 

 

Am eigentlichen Etappenziel Landau angekommen, besuchten wir den Zoo, hurra! (Wer hätte je geahnt, dass ich im hohen Alter Tierparks so zu schätzen lerne? Prägte ich in jungen Jahren doch das schöne Wort: »Tiere gehören in freie Wildbahn. Oder in die Pfanne!«)

Dort gibt es manch seltnes Biest zu sehen, zum Beispiel das äußerst bedrohte Keschde-Trittche, ein naher Verwandter des Wolpertingers. Angesichts des Wüstenfuchses muss sich der Rote Panda ernstlich Sorgen um seinen ersten Platz auf der Süßigkeitsliste machen!

 

Zoo Landau

 

 

Montag, 19. Juli 2010

Die Weiterfahrt nach München hätte sich beinahe bereits an der Autobahnauffahrt in Landau unschön verzögert:

 

Es befanden sich drei Fahrzeuge auf dem Beschleunigungsstreifen. Der Mercedes ganz vorne entschied sich jedoch, dem Sinn dieses Streifens zuwiderlaufend einfach stehenzubleiben, obwohl man einem solchen Fahrzeug doch ein paar PS zutrauen möchte. Selbst wenn der Hasenfuß nicht genug Schwung für das sanfte Eingliedern in den laufenden Verkehr zu erlangen vermochte, hätte er einfach auf dem Standstreifen weiterfahren können, bis sich links neben ihm eine Lücke auftäte, die ihm groß genug dünkte – stehenbleiben war jedenfalls die dämlichste Option!

 

Denn der blaue Kleinwagen hinter ihm konnte so schon gar nicht beschleunigen, zog dann ohne adäquate Geschwindigkeit nach links auf die Autobahn, entschied sich aber in Sekundenbruchteilen wieder um, da ihm der herannahende Lastwagen im Rückspiegel wohl allzu groß erschien.

 

Und dann waren da ja noch wir: Einen kleinen Corsa muss man ordentlich treten, damit er rasch auf Touren kommt. Aber plötzlich sollte der Plan ja eine spontane Änderung erfahren. Ich ging also mit quietschenden Reifen sowas von in die Eisen und zog ein wenig nach rechts in eine sich gerade mal so ergebende Lücke, damit unser Kühlergrill nicht unerwünschte nähere Bekanntschaft mit dem Kofferraum des Vorausfahrenden machte. Der Mercedesfahrer hatte inzwischen sein Gaspedal entdeckt und suchte sein Heil in der Flucht – wohl aus Angst vor etwaigem Regress. Doch nachdem dieses Hindernis endlich aus dem Weg war, konnten wir uns unbeschadet auf den Weg machen.

 

Interessanterweise ließ mich diese Episode physisch völlig kalt: Kein erhöhter Puls, keine Schweißausbrüche, keine Zornesröte. So ist der jahrelange Konsum von Computerspielen also doch zu was gut.

 

 

Die restliche Passage verlief weitestgehend reibungslos, sieht man mal von den stoischen Mittelstreifenfahrern ab, die die rechte Spur konsequent ignorierten, auch wenn diese auf Kilometer frei war. Soetwas gereicht schon eher dazu, meinen Adrenalinspiegel kräftig anzuheben!

Noch nerviger sind allerdings die permanenten Linksfahrer, die meinen, einen per Lichthupe von ihrer Straße blasen zu müssen, während man selbst mit 150 km/h ja nicht gerade auf der Fahrbahn stehend jemand anderen auf gleicher Höhe zu überholen im Begriff ist. Würde es helfen, wenn ich mich kurz in Luft auflöste?

 

 

Abends gingen wir mit unseren Gastgebern zum »Aumeister«: Erstes Mal Biergarten, erstes Mal Mass, erstes Mal Schweinshaxe – und das Ganze stilecht unter Kastanienbäumen und weißblauem Himmel.

 

Erstes Mal Biergarten, erstes Mal Mass, erstes Mal Schweinshaxe

 

 

Dienstag, 20. Juli 2010

Zeit für die Münchner Innenstadt. Mit der U-Bahn ging es von Freimann zum Marienplatz: Direkt vor dem aus der Fernsehwerbung bekannten Delikatessengeschäft Dallmayr kamen wir aus dem Boden. Wenig telegen parkten Autos davor und drängelten Touris darin. Die angebotenen kleinen Schweinereien in den Kühlvitrinen sind aber auch zu verlockend. Die berühmte Kaffeeverkaufstheke ist in natura allerdings wenig imposant. Und ich meine gesehen zu haben, wie bei einer der adretten Verkäuferinnen einer der Schürzenträger nicht akkurat glattgestrichen war!

 

 

Es sollte unser höchstpersönlicher Kirchentag werden:

 

St. Peter: Der besteigbare Turm gibt dem weder zu Vertigo noch zu Klaustrophobie neigenden Besucher eine hübsche Übersicht über die nähere Umgebung. Wer mit Enge und Höhe nichts anzufangen weiß, der findet am nördlichen Eingang etwas Niedliches zu entdecken und auszuprobieren: Wenn man eine Fünf-Cent-Münze in den Schlitz am Schaukasten wirft, kommt ein kleiner Heiland aus dem Häuschen und spendet Segen. Wo sonst gibt es heutzutage noch etwas für fünf Cent? Dafür kann man's nicht selber machen.

 

Asamkirche: Die St.-Johann-Nepomuk-Kirche ist ein spätbarockes Kleinod in der Sendlinger Straße, an dem man leicht vorbeigehen kann, weil es in die Straßenflucht eingebunden ist, das man aber auf keinen Fall auslassen sollte.

 

St. Kajetan: Die gelbe Theatinerkirche am Odeonsplatz ist geräumig und reich mit weißem Stuck dekoriert. In der Fürstengruft liegen eine Menge tote Wittelsbacher.

 

Der Dom zu Unserer Lieben Frau: Zur Frauenkirche muss wohl nicht viel gesagt werden.

 

St. Michael: Auch hier hat man Leichen im Keller; es lagern eine Menge toter Wittelsbacher in der Gruft, darunter auch der bekannteste: Ludwig II.

 

Bürgersaal: Wenn man eintritt, denkt man: Nanu, das soll eine Kirche sein? Ja, ist es. Und zwar mit einer interessanten Konstruktion in Gestalt einer Unter- und einer Oberkirche. Ebenerdig kommt man zunächst in die karge Krypta, die schmucke Hauptkirche befindet sich treppaufwärts.

 

Kirchentag München

 

 

Upp däm Maat, upp däm Maat stonn de Buure. Beim Passieren des Viktualienmarktes drängte sich die Frage auf: Was macht eigentlich Paul …?

 

Krake Paul, das Tentakelorakel

 

 

Zünftige Brotzeit nahmen wir im Hofbräuhaus ein. Ich hatte Saure Nierchen. Vorgestern Saumagen, gestern Schweinshaxe, heute Saure Nieren – wenn das so weitergeht, werde ich am Ende der Woche ich ein ganzes Schweinderl verdrückt haben …

 

Nicht alles auf der Karte ist urtypisch bajuwarisch:

 

Hofbräuhaus

 

 

Was wäre Minga ohne d' Wiesn? Grad mal gar nix. Auch wenn längst noch nicht Oktoberfestzeit ist, wollten wir aber wenigstens mal einen Fuß auf die Theresienwiese setzen. Aber ach, das Terrain war ringsherum eingezäunt und wackere Gesellen schickten sich an, die Festzelte für den 200sten Geburtstag des in 60 Tagen startenden Volksfests zu bereiten. Sei's drum, besuchten wir halt die kolossale Bavaria vor der Ruhmeshalle. Die alte Dame ist achtzehneinhalb Meter groß, aus Bronze und innen hohl. Gegen ein Entgelt von drei Euro lässt einen der Wärter im Sockel das Symbol Bayerns inwendig besteigen, woraufhin man dann, im Kopfe angekommen, aus kleinen Löchern in selbigem auf die Festwiese spinksen kann. (Man sollte tunlichst vermeiden, zu mehr als zwei Personen gleichzeitig oben drin zu sein. Es war eng – und heiß.)

 

Bavaria bei der Wiesn

 

 

Die direkt dahinter befindliche, ebenfalls beeindruckende klassizistische Ruhmeshalle birgt bombastische Büsten von bayerischen Bekanntheiten, alle aus feinstem weißem Marmor.

 

Ruhmeshalle

 

 

Den Abschluss des Tages bildete der bekannte Biergarten beim Chinesischen Turm im Englischen Garten  – natürlich! – mit einer Mass und einer Portion Obatzda – völlig fleischlos!

 

Chinesischer Turm im Englischen Garten

 

 

Mittwoch, 21. Juli 2010

Im Park hinter dem Schloss Nymphenburg trifft man zwar kaum Nymphen an, kann aber lustvoll über das üppige Wegenetz zu den zahlreichen Lustschlösschen lustwandeln, wenn man lustig ist: Magdalenenklause, Pagodenburg, Badenburg, Amalienburg, Monopteros sowie diverse Statuen und Fontänen. Wem das zu architektonisch ist, der erfreut sich an den zahlreichen – verdammt flinken – Libellen und Schmetterlingen.

 

Schloss Nymphenburg

 

Ich habe es später ausgerädelt: Insgesamt legten wir nur im Park einen Fußweg von fünf Kilometern zurück. Was ein Glück, dass ich diese todschicken Crogs trage – in andere Schuhe passten meine Hobbit-Füße gar nicht mehr rein … (Ich meine mich erinnern zu können, dass ich einst Knöchel besaß an der Stelle, wo meine schlanken Fesseln in meine wohlgeformten Füße übergehen …)

 

 

Als Siebenjähriger war ich bereits einmal in München, aber ich habe kaum mehr Erinnerungen daran. (Doch, eine: Ich weiß noch, wie ich fragte, wo in der Nähe denn jetzt dieses München-Gladbach wäre …) Der gigantische Fernsehturm auf dem Olympiagelände ist mir aber in Erinnerung geblieben. Und wenn eine Stadt einen hohen Turm besitzt, muss dieser auch bestiegen werden (können)! (Kapiert, Köln?)

 

Olympiaturm München

 

 

Ach, doch noch eine Erinnerung an damals: Diese hässlichen Schattenkatzen, um die sengende Sonne im Auto ein wenig abzumildern, waren noch nicht erfunden, und so behalf ich mir mit dem Karton eines aufgebrauchten DIN-A3-Zeichenblocks. Um in der Grundschulklasse der Verwechslungsgefahr zu begegnen, hatte ich natürlich ungelenk mit Bleistift die Majuskeln »T H O M A S  L .« auf meinem Block angebracht. Der Punkt war wohl etwas dünn geraten. Denn Folgendes sagte der Vater einer anderen Familie auf einer Autobahnraststätte, nachdem er meinen höchstpersönlichen Schattenschild während einer Pause auf der Rückbank entdeckt hatte: »Thomasl – jo mei, diesen Namen hab ich ja noch nie gehört …«

 

 

Wenn ich denn mal Urlaub mache, leiste ich mir den Luxus, keine Nachrichten zu hören oder zu sehen. Meistens verpasst man auch nichts; mit Abstand gesehen gibt es übers Jahr eigentlich nur eine Hand voll wichtiger Nachrichten. Ein lokales Blättchen lese ich hingegen schon ganz gerne. Die Gazetten gestern kündeten für heute von der Premiere eines neuen Films namens »Knight and Day«, die mitten in München stattfinden soll.

 

So kam es, dass wir Tom Cruise und Cameron Diaz trafen. Wir – und ein paar tausend andere, die stundenlang am Stachus ausharrten. Die Veranstalter hatten auf dem Karlsplatz, auf dem sonst ein Brunnen fröhlich sprinklert, eine kreisrundes VIP-Zelt aufgebaut und den abgezäunten Umlauf drumherum mit rotem Teppich ausgelegt. Wir kamen zeitig zum bereits wohlgefüllten Schauplatz des Events; die Hauptpersonen erschienen cum tempore, wie es sich für Weltstars gehört.

 

Tom Cruise hatte im Vorfeld angekündigt, jedem seiner Fans vor Ort ein Autogramm zu geben oder ein Photo zu ermöglichen. Welch löblich' Ansinnen, allein: Er begann damit auf der uns gegenüberliegenden Seite des Rundbaus. Ohne gelegentliches Mädchengeschrei und Blitzlichtgewitter hätten wir lange Zeit gar nichts von der Anwesenheit der Stars mitbekommen.

 

Er ist halt nicht der Größte …

 

Netterweise hätte er vor seiner Autogrammorgie mal einen flotten Lauf rund um den Pudding machen und nett in die Menge winken sollen, dann wären alle für eine Weile befriedigt gewesen.

 

Was soll's, die Zwischenzeit verbrachte ich damit, die Herrschaften unterm Festzelt zu erkennen und sodann abzuschießen. Also die Promis. Und diejenigen, die mal welche waren. Und diejenigen, die mal welche werden. Und diejenigen, die weder sind, noch waren noch werden, sondern sich dafür halten. Sich jedoch selbst unter die Prominenz zu mischen, war impossibel. (Muss mir bei Gelegenheit mal eine Gala oder Bunte kaufen, um zu überprüfen, wen ich da alles geknipst haben mag.) Aus dem Stand erkannt habe ich schon mal Dominic Raacke, Max Tidof und Barbara Meier, siehe Bilder.

(Von wegen gewissenloser Paparazzo: Wenn man berechtigt ist, im inneren Zirkel auf roter Auslegeware mit Prosecco und Häppchen auf den Beginn der Vorführung zu warten, ist das Recht am eigenen Bild einstweilen verwirkt!)

 

Angesichts eines dräuenden Unwetters beschleunigte die Lichtgestalt der Scientologen seine Signierrunde – war der Donnerschlag in diesem Moment Zufall?! – und kam dann doch noch an uns vorbei. Servus und Cruise Gott, Tom! Cameron hatte schon vorher ihren Pferch durch die drängenden Massen gen Gloria-Palast verlassen.

 

Tom Cruis und Cameron Diaz bei der "Knight and Day"-Premiere am Stachus

 

 

Nach diesem kräftezehrenden Shooting stärkten wir uns abermals im Hofbräuhaus, eins, zwei gsuffa. (Schweinsbraten, nur fürs Protokoll.)

 

In München steht ein Hofbräuhaus ...

 

 

Direkt neben dem Hofbräuhaus, am Platzl, hat sich der Fernsehkoch Alfons »a bissl a Soiz« Schuhbeck niedergelassen, und zwar gleich mehrmals: Schuhbecks Südtiroler Stuben, Schuhbecks Orlando Bar, Schuhbecks Gewürze, Schuhbecks Eis, Schuhbecks Schokolade, Schuhbecks Wein. Nur bei Starbecks Coffee muss sich der Fassadenmaler irgendwie verschrieben haben.

 

Schuhbecks Gewürzladen nahmen wir näher in Augenschein. Pure Aromen in Spitzenqualität feilzubieten, ist ein löbliches Unterfangen, und die schiere Menge an Einzelgewürzen, die man sich gemahlen oder am Stück selbst abfüllen kann, ist beachtlich. (Allerdings ist vor der Verwendung im Kochtopf unbedingt zu beachten, dass bis dahin geschätzt 2.000 Touris ihre Nasen hineingehalten haben.)

 

Bei des Meisters Gewürzmischungen ist schon eher fraglich, wozu der ambitionierte Hobbykoch sie wohl brauchen sollte: Orientalisches Kaffeesalz, Südfranzösisches Lavendelsalz, Vanille-Knoblauchsalz, Chili-Schokozucker, Grüner-Pfeffer-Zucker mit Preiselbeeren oder die TV-Mischung.

 

Die Fertiggerichte, auf deren Verpackung sein – mutmaßlich sehr gut bezahltes – Konterfei prangt, sind für einen Verfechter puren Genusses allerdings eine Frechheit. »Schuhbecks Zauberbrühe« zum Beispiel enthält Maltodextrin und Hefeextrakt, welcher nichts anderes ist als Geschmacksverstärker, per Gesetz aber nicht als solcher gilt, »da Hefeextrakt freies Glutamat nicht in isolierter Form enthält«, wie Wikipedia zu berichten weiß. Und bei den teuren Escoffier-Dosensuppen voller Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Verdickungsmittel, Stabilisatoren und namenloses »Aroma« wird gleich noch der Name eines toten französischen Meisterkochs in den Dreck gezogen.

 

Gewürze an Schuhbecks Platzl

 

 

Alternativ zu Tom und Cameron hätten wir beinahe Donizettis Oper »L'elisir d'amore« mit Rolando Villazón beigewohnt. Doch es wurde nichts draus: Wir hatten keine Karten mehr bekommen – und Rolando war krank.

 

 

Donnerstag, 22. Juli 2010

Heute stand ein Ausflug zum Chiemsee auf dem Programm, wir waren also beim Kini dahoam. Mit der Fähre gelangten wir von Prien auf die Herreninsel und zockelten mit zwei PS stilvoll hoch zum Schloss Herrenchiemsee, das ich somit schon zum dritten Mal besichtigte. (Komisch, mit zunehmendem Alter wird das Schloss immer kleiner.)

 

Wenn man all den Protz sieht, ist man schon geneigt zu denken: Dafür hatten sie Geld! Andererseits dürfte die Begeisterung von Ludwig II. für Stuckmarmor, Blattgold und Intarsien die Geschäfte der damaligen Kunsthandwerker zum Florieren gebracht haben – andere Potentaten haben das Geld ihrer Untertanen verprasst, um Kriege zu führen.

 

Schloss Herrenchiemsee

 

 

Eine Episode, die ich vor sieben Jahren diesem Diarium verschwiegen habe, soll nun kurz geschildert sein: Damals hatte ich die Ehre, beim neunzigsten Geburtstag der Enkelin von Sissis kleiner Schwester und Ludwigs zeitweiliger Verlobter Sophie in Bayern auf der Herreninsel zugegen zu sein. Die inzwischen leider verstorbene Dame lebte allerdings gut und bürgerlich; und hieß mit vollem Geburtsnamen übrigens Elisabeth Maria Anna Henriette Josepha Sophie Amalia Ferdinanda Ludovika Antonia Theresia Kreszentia Ala Ghislaine von Wittelsbach, Prinzessin von Bayern. (Tja, Herr zu Guttenberg, nicht neidisch werden; das sind mal Vornamen, was?)

 

 

Begleitet von frechen, vor dem Alpenpanorama nicht erwarteten Möwen ging es mit Fesslers Fähre zurück an Land, wo wir mittags nur eine Brotzeit im »Luitpold am See I« zu uns nahmen, mit kaltem Bratenaufschnitt – und der guten Meggle-Butter.

 

Zu deren Heimat sollten wir alsdann aufbrechen. Da ich als Navigationsgerät stets Nasenspitze und Magengrube zu nutzen pflege, bescherten diese uns eine kleine Tour nach, in, hinter, bei, um und durch Wasserburg am Inn … Mit leichter Verspätung wurden wir in einem Örtchen in der Nähe dennoch freundlich empfangen und beköstigt; es war gewissermaßen ein 1/22-Klassentreffen …

 

Wasserburg

 

 

Freitag, 23. Juli 2010

Die ganze letzte Nacht hatte es durchgeregnet, die Temperaturen waren um 15 Grad gefallen. Auch mal schön, so zur Abwechslung. Leider war der vormals so hübsche weißblaue Himmel anschließend nur noch grauweiß.

 

Aber wer Farbe will, sollte ohnehin in eine der Pinakotheken gehen. Es gibt ja genug davon! In der Neuen Pinakothek (Achtung: weder Theke noch Piña Colada zu finden!) kann man sich stundenlang aufhalten und schwelgen. Wir hielten uns stundenlang auf und schwelgten.

 

Gleich im ersten Raum begrüßten uns ein paar Impressionisten, allen voran van Gogh mit seinen Sonnenblumen (Stücker zwölf, von 1888), die ja wohl jeder kennt, und wenn nur als Kitschposter. Wir trafen viele Bekannte aus dem neunzehnten Jahrhundert, lernten aber auch eine Menge faszinierender Fremder aus der Nähe kennen.

 

Den Fehler, den die meisten Museumsbesucher begehen – kulturbeflissen vor wirklich jedem Bild stundenlang andächtig zu verweilen –, vermieden wir, denn das hält man bei Sinnen ohnehin nur maximal fünf Räume lang durch, und pickten uns in jedem Raum nur die wichtigsten Gemälde zur näheren Inaugenscheinnahme heraus.

 

Beinahe hätte ich auf diese Weise eines meiner Lieblingsbilder verpasst! Spitzwegs »Armer Poet« hängt nämlich in einem unscheinbaren Nebenraum und ist mit 36 mal 45 Zentimetern eher klein geraten – und entspricht damit nahezu der Größe meines Desktophintergrunds, auf dem er seit Jahren prangt!

 

Während unseres Besuchs regnete es sich draußen so richtig schön ein. Schirme hatten wir natürlich keine dabei. (Sonst hätte es ja auch nicht geregnet.) Aber es gibt ja Museums-Shops. Vielleicht würde der hiesige einen hübschen Parapluie feilbieten? – Tat er! Rot und blau beschirmt verließen wir die Pinakothek exakt in dem Moment, als der Regen aufhörte …

 

Neue Pinakothek, neue Schirme

 

 

Zum Glück hat es später dann doch noch geregnet. Gegen Abend kehrten wir in den Augustiner am Stachus ein, an dem heute kein Tom und keine Cameron auf uns warteten. Die urige Gaststätte ist nicht ganz so riesig wie das Hofbräuhaus, dafür aber gemütlicher, und sie hat – mit Verlaub – das bessere Essen; auch wenn noch kein Lied nach ihr benannt worden ist. (Sehr zu empfehlen ist das Jägerpfanderl mit Lendchen, Speck und Pfifferlingen.)

 

Da freie Tische Mangelware waren, gesellten sich zwei andere nette Touristen aus Schottland und den USA zu uns, die wir mit frischen Infos über sehenswürdige Sehenswürdigkeiten versorgen konnten. (Echte Münchner sind in München anscheinend noch seltener als freie Tische.) Rückblickend tut es mir echt leid, dass wir nicht noch länger geblieben sind. Neil and Day, you are the ones!

 

Neil and Day im Augustiner

 

 

Kleine Randnotiz: Der Mann aus Edinburgh, dem wohlklingenden Namen nach vom Clan der Highlander, sagte, er komme aus <edin:börgh>. Er sagte nicht, er käme aus <edin:borroh> – zum Teufel also mit all den klugschwätzenden Englisch-Studienräten!

 

 

Samstag, 24. Juli 2010

Angesichts weiteren, lohnenden Regens kamen nicht wenige wie wir auf die Idee, einen Museumstag einzulegen. Bereits die Schlange vor dem Deutschen Museum war sehenswert. Wir betrachteten sie nur kurz von hinten und widmeten uns dann der Residenz, dem vormaligen Sitz der bayerischen Herzöge, Kurfürsten und Könige. Die zwecks Renovierung eingerüstete Fassade neben der Oper ließ schon auf eine gewisse Größe schließen, doch die tatsächlichen Ausmaße und vor allem die Ausstattung aus Zeiten when kings and queens sipped wine from goblets gold verschlugen einem den Atem.

 

Residenz München

 

 

Abends wieder im »Augustiner« beim Stachus, the place to make friends; gespannt, was das Schicksal heute für uns bereithielte.

 

Beinahe hätten wir einen ganzen Schwung Japaner kennengelernt. Doch der Köbes (oder muss es auf bairisch Jåggl heißen?!) hatte anderes im Sinn: Die Gruppe sollte nicht bloß zu uns gesetzt werden, sie sollte den ganzen Tisch bekommen! Da sie zu siebt waren, hatten wir ein Einsehen. (Bisher kannte ich die Freundlichkeit der Asiaten nur vom Klischee, nun erlebte ich sie hautnah: Man bedankte sich überschwenglich, sogar mit Handschlag!) Aber was soll's: Japan ist mir eh zu weit weg …

 

Aus Mangel an Tisch und Stuhl platzierte man uns sodann an einen anderen Tisch mit drei reizenden Amerikanern. Mit John, Karen und Ron verbrachten wir so noch einige lustige Stunden, thanks a lot.

 

John, Karen und Ron im Augustiner

 

Zum Abschluss des Aufenthalts im kulinarischen Ausland gab's ein Saures Lüngerl. Ich weiß zwar immer noch nicht, welche Teile von welchem Vieh genau da drin waren – aber gut war's schon.

 

So ein Masskrug wirkt schon gewaltig auf denjenigen, der ihn zum ersten Mal hebt. Das liegt aber eher am schweren Glas als am Inhalt. Ein Liter von bayrischem Hellen ist nicht zu vergleichen mit sagen wir mal Bitburger. Oder um es unseren neuen anglophonen Freunden zu verdeutlichen: Bavarian beer is a little making love in a kanoo: It's fucking close to water.

 

 

Mich Landei begeistert so eine U-Bahn immer wieder, schon allein wegen der vielen, hübschen Fluchtpunktperspektiven:

 

U-Bahn mit vielen, hübschen Fluchtpunktperspektiven

 

 

Sonntag, 25. Juli 2010

Auch wenn das eigene Zuhause nach ereignisreichen Urlaubstagen etwas blass erscheinen mag, gibt es dort einen unbezahlbaren Vorteil: Endlich wieder bargeldlos zur Toilette gehen zu können!

 

 

Montag, 26. Juli 2010

Wieder zurück in Aachen habe ich viele Dinge aus München mitgebracht: Nette Bekanntschaften, schöne Photos, interessante Geschichten, kalten Regen – und einen fetten grippalen Infekt. Aber das war es wert. Um die Immunabwehr bei ihrem Kampf gegen den Feind in meinem Körper zu unterstützen, versorge ich sie wie in solchen Fällen üblich mit Heißer Zitrone und scharfem Chili con carne. (Ich finde, diese Therapieform sollten die Krankenkassen endlich in ihre Leistungskataloge aufnehmen!) Streng genommen handelt es sich nur um Laue Zitrone, denn welchen Sinn hat es, die wertvolle Ascorbinsäure mittels hoher Temperaturen zu zersetzen?

 

 

Größere Aktivitäten sind nicht angezeigt, sodass ich mich meiner Urlaubslektüre zuwenden kann, für die ich ob der Ereignisdichte in Bayern nun wirklich keine Zeit hatte:

 

Obwohl Dan Browns »Das verlorene Symbol« an die 800 Seiten hat, lässt es sich auch mit dickem Kopf flüssig lesen. Wer die beiden Vorgänger Illuminati und Sakrileg gelesen hat, wird nicht von allzuviel Neuem erschreckt, wenn Robert Langdon – diesmal in Washington – wieder begleitet von einer schönen, klugen Frau, verfolgt von der CIA und bedroht von einem Irren symbolbeladene Rätsel rund um die Freimaurer zu lösen hat.

 

Brown hat fleißig recherchiert, so dass man Lust bekommt, die Fakten rund um die Freimaurer, die erwähnten Gebäude und Symbole nachzuprüfen. Leider wirkt der Plot stellenweise ein wenig zu gut konstruiert; man hat den Eindruck, der Autor wisse schon sehr wohl, wie's ausgeht, will es uns aber auf keinen Fall verraten, ätschibätschi!

 

Stattdessen fabriziert er an fast jedes der 133 Kapitel einen Cliffhanger, um im nächsten Teil zu einem anderen Handlungsstrang zu wechseln. Wie unnötig: Die Fortsetzung folgt doch nicht erst im nächsten Heft, das man sich am kommenden Freitag von seinem kostbaren Taschengeld kaufen müsste wie einst Micky-Maus-Heftchen im Miniladen von Frau Henn. Das nächste Kapitel ist bereits ins Buch gedruckt, umblättern genügt! (Oder hat Dan Brown sein Buch fürs iPad konzipiert? Und der Apple-Store verkauft die Seiten demnächst einzeln? Denkbar wär's.)

 

Insgesamt betrachtet ist der Thriller, von dessen Inhalt ich hier nicht mehr verraten möchte, aber genau die richtige Lektüre, wenn man malad zu Bette liegt.

 

 

Samstag, 31. Juli 2010

Die Reste der vergangenen Nacht torkelten mir entgegen, als ich kurz nach Sonnenaufgang zum Hauptbahnhof ging, um meine Wandersfrauen mal wieder zu verabschieden; diesmal nach Osttirol in die Lienzer Dolomiten. (Demnächst erscheint auch – endlich! – ihr Buch mit den Erlebnissen vom Eifelsteig.)

 

Am Bahnsteig winkte neben mir ein Mann seinem Schatzi zu, das im gleichen Abteil – ebenfalls mit Rucksack und im Trekkingoutfit – Platz genommen hatte. Ich sprach ihn an, wohin die seine denn wohl fahre. Kirgisien. Hm, das ist ein Stückchen weiter weg als Tirol. Aber landschaftlich dürfte es in etwa hinkommen …

 

Abfahrt! Zurückbleiben bitte!

 

 

Pfiat eich

's Dammerl

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